Resilienz und Achtsamkeit sind wichtige Ressourcen, die uns helfen, den stressigen Alltag und herausfordernde Situationen zu bewältigen. Dennoch haben immer mehr Menschen mit Erschöpfung oder Burnout zu kämpfen. Wenn man sich hierüber informiert, stößt man häufig auf Ursachen, die mit einem stressigen beruflichen Umfeld, einem angespannten kollegialen Umfeld oder einer hohen Arbeitsbelastung zu tun haben.
Was ist aber mit Care Arbeit?
Als Eltern hat man, anders als in der Erwerbsarbeit, eine niemals endende Verantwortung und Workload. Unsere Kinder, insbesondere Säuglinge und Kleinkinder, zeigen ihre Bedürfnisse dann, wenn sie erscheinen und nicht dann, wenn wir die emotionale oder geistige Kapazität dafür haben. Hinzu kommt die Mental Load – die unsichtbaren To Do Listen, Gedanken, Aufgaben und Erledigungen, die stets im Kopf herumschwirren und darauf warten, erledigt zu werden. Diese Situation allein ist Grund genug, dass man sich erschöpft und überwältigt fühlen kann.
Wie kommt es also nun, dass Erschöpfungszustände oder sogar Burnout in der Elternschaft so real sind, es aber dennoch wenig Anerkennung gibt?
Die tatsächliche Arbeit, die mit Care Arbeit einhergeht, ist häufig unsichtbar. Play Dates, Badezeit, ein paar Bücher lesen – alles so schöne Dinge, die so viel Freude bereiten. Elternzeit ist ja quasi auch Urlaub. „Wir haben das doch auch hinbekommen“, „Du wolltest doch Kinder, du hast dir das ausgesucht“. Solche Aussagen begegnen uns häufig und dabei bleibt ein entscheidender Faktor ungenannt. Das System Familie funktionierte im ursprünglichen Sinne nur mit dem bekannten „Dorf“, welches es braucht, ein Kind zu erziehen. Großeltern, Tanten, Onkel, Geschwister – es tummelte sich ein breites Netzwerk um die Eltern, die bei der Erziehung und Versorgung unterstützen. Dieses Dorf existiert für viele Familien in dieser Form nicht mehr. Die Gesellschaft heute funktioniert anders, als noch vor 20 oder 30 Jahren. Oftmals sind beide Eltern erwerbstätig, also gilt es Care Arbeit und Erwerbstätigkeit zu jonglieren. Wir bekommen immer später Kinder, das bedeutet, auch die Großeltern werden älter und haben so mitunter nicht die Kapazitäten und Kräfte, bei der Betreuung zu unterstützen, wenn sie denn überhaupt in der Nähe leben und grundsätzlich dazu bereit sind.
Unsere schnelllebige Welt vermittelt ein gewisses Bild davon, wie es sein sollte. Und Social Media sowie die Medien allgemein helfen sicherlich nicht dabei, ein realistisches und ehrliches Bild über Elternschaft und Care Arbeit zu zeichnen. Stattdessen vergleichen wir uns, wenn auch unbewusst, mit allem, was wir sehen. Und das wiederum macht uns noch mehr Druck. Noch mehr Stress. Noch mehr von dem Gefühl, nicht genug zu sein. Das größte Problem hierbei ist, dass es wenig bis kein Gehör hierfür gibt.
Burnout in der Elternzeit, hallo?!
Burnout vom Spielplatz oder was?! Sowas gibt’s ja wohl nicht.
Es ist wichtig und notwendig zu erkennen, dass Elternschaft eine Ausnahmesituation ist. Auf einmal sind wir verantwortlich, kleine Menschen zu begleiten, zu betreuen und alles zu geben, was sie benötigen, um rücksichtsvolle, ausgeglichene und glückliche Erwachsene zu werden. In den meisten Fällen weiß niemand wirklich, wie man das genau machen soll. Und das restliche Leben bleibt ja auch nicht stehen, weil man nun ein Kind hat.
Freunde wollen sich trotzdem zum Essen treffen. Der Chef möchte, dass man möglichst schnell zurück zur Arbeit kehrt. Die eigenen Eltern würden sich auch wünschen, dass man mal öfter vorbei kommt. Und dann ist auch noch eine Geburtstagsfeier nächste Woche, für die wir noch ein Geschenk brauchen….die Liste ist schier endlos, der Druck wächst und das alles sollen wir schaffen, obwohl wir seit zwei Jahren keine Nacht durchgeschlafen haben. Wir sollen unsere Kinder begleiten, Gefühle beschreiben und regulieren und dabei haben wir längst verlernt, unseren eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu äußern. Vielfach sind uns unsere eigenen Werte gar nicht bewusst und wir haben gelernt, unsere natürlichen Bedürfnisse so konsequent zu ignorieren und zu übergehen, dass wir sie ganz und gar aus den Augen verloren haben. Einfach, weil es so viel leichter ist, zu funktionieren.
Was kann uns nun also helfen, rechtzeitig für uns zu sorgen, auf uns acht zu geben und für uns einzustehen, um eine Erschöpfung zu vermeiden?
- Hilfe akzeptieren und einfordern: Niemand muss alles schaffen. Es ist okay, nach Hilfe zu fragen. Es ist in Ordnung, Hilfe anzunehmen. Sei es Unterstützung im Haushalt, Lebensmittel Lieferservices oder die Kinderbetreuung. Hilfe ist okay. Hilfe ist notwendig.
- Werte und Bedürfnisse: Kennst Du Deine Werte? Weißt Du, was Dir wirklich wichtig ist? Was Dich ausmacht? Oftmals weiß man dies nicht und hat kein Bewusstsein dafür, was uns im Inneren antreibt. Dabei ist dies eine entscheidende Erkenntnis, denn aus unseren Werten resultieren unsere Bedürfnisse. Und wenn wir diese konsequent ignorieren oder übergehen, fühlen wir uns unglücklich, antriebslos und erschöpft – wir kämpfen quasi konstant gegen unser eigenes System und das funktioniert niemals langfristig.
- Rollenverständnis: Eine wertvolle Erkenntnis ist es zu verstehen, dass wir – egal in welcher Lebenssituation wir uns befinden – immer eine Vielzahl verschiedener Rollen einnehmen. Wir sind Frau, Freundin, Ehefrau, Schwester, Tante, Angestellte, Mutter…. Und alle diese Rollen haben ihre eigenen Ansprüche und Erwartungen, die der Gesellschaft und die, die wir uns selber auferlegen. Diese Erkenntnis alleine ist oftmals schon sehr nützlich, da es uns helfen kann zu verstehen, dass wir zu jeder Zeit sehr viele verschiedene Anforderungen jonglieren müssen und eine Herausforderung in einem Bereich nicht zwingend ein Defizit in einem anderen Bereich bedeutet. Denke mal darüber nach, welche Rollen Du in Deinem Leben innehast, welche Anforderungen dazu gehören und wie die Rollen zusammenpassen. Welche Rolle ist aktuell am präsentesten? Was ist für diese Rolle wichtig? Welche Ressourcen aus dieser Rolle sind vielleicht auch für einen anderen Bereich relevant?
- Transparenz: Du darfst eine Pause machen. Du darfst für Dich einstehen. Du darfst das tun, was Dir gut tut. Spreche offen mit Deiner Familie und Deinem Umfeld, wenn Du Dich be- oder überlastet fühlst. Denke mal darüber nach, was Du nur für Dich tust, was Dir gut tut und womit Du deine Energietanks wieder aufladen kannst. Tue mehr davon!
Ich weiß, dass viele dieser Dinge einfacher gesagt als getan sind. Es ist wichtig zu verstehen, dass es Dir gutgehen muss, damit Du auch für Dein Kind die beste Mutter (oder Vater) sein kannst. Wenn es Dir nicht gut geht, kannst Du dich nicht um Personen in Deinem Umfeld sorgen. Wenn es Dir schwerfällt Grenzen zu setzen, auf Deine eigenen Bedürfnisse zu hören oder nach Hilfe zu fragen kannst Du in einem Coaching Strategien und Wege erkennen, die Dir dabei helfen.
Erschöpfung, Depression und Burnout sind ernstzunehmende psychische Erkrankungen, die in die Hände eines Psychologen oder Psychotherapeuten gehören. Wenn Du das Gefühl hast, dass Du betroffen bist, suche Dir bitte professionelle Hilfe.